USA > Maryland > Annual report of the Society for the History of the Germans in Maryland, 1st-6th, Vol. 1-6 > Part 10
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Die Klostergebäude stehen jetzt fast verodet da und werden nur noch von einigen alten Frauen besucht, welche der umliegenden
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. Gemeinde der Siebentager angehören. Das alte Zion ist schon dem Zahn der Zeit erlegen und musste vor einigen Jahren nieder- gerissen werden.
Wir wenden nun unsere Schritte zu der jüngeren Schwester Ephrata's, welche bis jetzt noch als Klostergemeinschaft existirt.
Im Jahre 1770 siedelten sich die Geschwister Schneeberger an den Ufern des Nordarms des Antietam-Flusses an, wo sie bis Ende des vorigen Jahrhunderts ein Zenobitenleben führten. Der ältere Theil des Klostergebäudes wurde in 1800 vollendet, und die Geschwister Schneeberger, Johann, Andreas, Elizabeth, Bar- bara und Frönicke, sowie Peter Lehmann, welcher eine Schnee- berger heirathete, wie die Chronic erzahlt, um dadurch einen le- galen Besitztitel der Ländereien zu erwerben, traten in das nen gegründete Kloster ein. Peter Lehmann scheint das Geld für den Ban des Klosters hergegeben zu haben, während die Schnee- berger die Grundeigenthümer waren. Die Wittwe Catharine Hoch und ihr Sohn Carl waren die ersten, welche nach Snowhill kamen und in die nene Gemeinschaft eintraten.
Das Kloster wurde nach den Schneebergern "Snow Hill" ge- nannt, ist aber unter dem Volksnamen "Nunnerei" allgemein bekannt.
Das Klostergebände ist von Backsteinen aufgeführt und ent- hält abgesonderte Räumlichkeiten fur die männlichen und weib- lichen Insassen. In der Mitte des Gebäudes, im Erdgeschoss, be- findet sich der geräumige Speisesaal und darüber der Saal, wo die Morgen- und Abendandachten abgehalten wurden.
Unter dem Dachstuhl hatte Bruder Benjamin (Specht) sich eine dunkle Kammer gebaut, um dort seine Andachtübungen ungestört zu verrichten und wo er auch im 35. Altersjahre starb; dieselbe wird jetzt zum Aufbewahren der Fleischvorräthe des Klosters benutzt.
Die Erkerzellen sind alle leer, und der Bodenraum ist mit Spinnrädern und Haspeln angefullt.
Die Gemeinschaft, welche einst über vierzig Köpfe zählte ist jetzt auf drei zusammengeschrumpft, von denen Bruder Obid (Schneeberger) der Vorsteher der Vertrauensmänner ist, welche die Umliegenschaften verwalten. Schwester Martha (Ritter) die Priorin und Schwester Fior bilden die letzten Ueberreste der Gemeinschaft.
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Grosse Obst- und Gemüsegärten, sowie die soliden Wirthschafts- Gebäude, geben dem Kloster einen behaglichen Anstrich. Ein Stück Wiesenland, durch welches sich der kleine Gebirgsbach schlängelt und die Klostermühle treibt, streckt sich zwischen den Klostergebäuden und der Gemeindekirche hin ; die weiss ge- tünchten Mauern der Kirche gegen den waldigen Hügelabhang, und die schönen grossen Weiden am Rande des Baches, verleihen dem Ganzen ein idyllisches Gepräge.
Dort in jenem Wäldchen war Dr. Fahnestock so oft ein ent- zückter Lauscher, wenn die begeisterten Töne der Beissel'sehen Musik an sein Ohr schlugen und in der stillen Abendluft ver- hallten, welches er so reizend in seiner Geschichte von Ephrata in 1835 beschrieb :
"Die Musik ist jetzt ganz verloren gegangen in Ephrata, wird aber noch auf Snow Hill aufgeführt; verglichen mit dem alten Chor in Ephrata ist jene wie eine Spieldose neben einem vollen Orchester. Ihr Singen ist so eigentluumlich und hinreissend ,
dass es dem Hörer unvergesslich bleibt."
Ich hörte dieselbe einmal in Ephrata, wie ich noch sehr jung war, als viele von dem alten Chor noch lebten und mit dem An- tietum Chor zusammen kamen um zu üben.
Einige Jahre später hielt ich mich in der Nähe von Snow Hill auf und hatte Gelegenheit die Sänger oft zu hören und deren Leistungen zu beurtheilen.
An jedem Freitag Abend, der Anfang ihres Sabbaths, ritt ich hinüber und blieb im kleinen Wäldchen ein ungesehener Zuhörer, den die Musik bezauberte.
In jenen Tagen meiner Jugend erfüllten noch Mode, Vergnü- gen und weltlicher Ehrgeiz meine ganze Brust, aber die Erha- benheit ihres Gesanges zog mich unwillkürlich nach dem kleinen Wäldchen um diese Zaubertöne einzuschlürfen, welche meinen Geist momentan in die Regionen des ewigen Friedens versetzten.
Die Sänger Ephrata's und Antietam's liegen in ihren Gräbern und ihr Gesang ist verstummt. Die Abendlüfte umsauseln Beis- sel's Grab, und die Stimmen der Natur singen dem Tondichter ein leises Requiem, der es so wohl verstand ihre acolischen Ac- corde in seinen begeisterten Gesängen wiederzugeben.
Es ist mir unvergesslich, als ich mich im Snowhill - Kloster einige Tage aufhielt und im Saale sass, in den alten Manuscrip-
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ten vertieft, als der Vorsteher und die Priorin, zwei vom Alter gebückte Gestalten, hereintraten. Ich las auf ihren Mienen einen eigenthümlichen, feierlichen Ausdruck.
Die alte Priorin legte ihre Hand auf meine Schulter und sagte: "Lieber Mann, bleib bei uns, und bringe mit deiner Geisteskraft neues Leben in diese alten Räume."
Ich sagte dem Kloster und den lieben Alten ein herzliches Lebewohl, womit ich ebenfalls meine Aufgabe vollende.
v. STAMP.
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DIE REVOLTE DER DEUTSCHEN
GEGEN DIE
REGIERUNG. VON MARYLAND.
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DIE REVOLTE DER DEUTSCHEN GEGEN DIE REGIERUNG VON MARYLAND.
D IE Masseneinwanderung der Deutschen von der Pfalz, Wür- temberg und anderen Süddeutschen Staaten, welche im Jahre 1709 zuerst in grosseren Massstabe ihren Anfang nahm, hatte gegen das Jahr 1730 Alles im südlichen Penn- sylvanien, östlich vom Susquehanna-F'Inss gelegene kulturfähige Land in Besitz genommen. Aber der Strom der Einwanderung hatte damals, ebensowenig wie hente, noch nicht sein Ende er- reicht. Immer neue Schaaren ackerbantreibenden Volkes aus den Giauen Südwest-Deutschland's kamen an, um in der Wildniss ihre neue Heimath zu gründen. Der mächtige Susquehanna hatte ein paar Jahre den Strom der Einwanderung gestant und dieselbe hatte sich am östlichen Ufer desselben ausgebreitet; aber der Zeitpunkt war gekommen, dass auch diese Gränze überfluthet, aus Nothwendigkeit überschritten werden musste. An dem west- lichen Ufer des Flusses haussten damals noch die friedlichen Conestogoe Indianer. Es war nicht der Wandertrieb, welche die deutsche Stamme veranlasste, ihre ferne Heimath zu verlassen und die beschwerliche, gefahrvolle, mehrere Monate dauernde Reise den Rhein hinunter über Holland, auf gebrechlich kleinen Schiffen über den Atlantischen Ozean, zu unternehmen, um in der Wildniss von Pennsylvanien unter den Indianern neue Heim- stätten zu gründen. Auch war es nicht die grössere Fruchtbar- keit des neuen Landes, denn unter allen deutschen Gauen, war schon in frühesten Zeiten die Pfalz, als die Perle des deutschen Landes betrachtet worden.
" Fröhlich Pfalz, Gott erhalt's,"
hiess es im Mittelalter. Zahllose Städte, Oerter und Dörfer gaben Zeugniss von dem Fleiss, der Wohlhabenheit und Intelligenz ihrer Bewohner. Glücklich und zufrieden bebauten sie ihre Weinberge und betrieben ihr Gewerbe, als der Erzfeind der Deutschen ohne
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Ursache und ohne Warnung verheerend in das Land brach. Die deutschen leere kämpften zur Zeit im fernen Osten gegen die Türken und die Westgränze Deutschland's war schutzlos.
Zimmermann erzählt in seiner deutschen Geschichte, dass Kö- nig Ludwig XIV. von Frankreich den Plan gefasst habe, um das kürzlich von ihm geraubte Elsass und Lothringen gegen Wieder- wegnahme zu schützen, eine grosse Wüste zwischen Elsass-Loth- ringen und Deutschland zu ziehen. So erhielt der am Rhein stehende General Duras den Befehl diese Verwüstung auszufüh- ren. Fünf Mordbrennerbanden überflutheten jetzt die deutschen Gränzlande Baden, Pfalz etc. Der dritte Raubkrieg Ludwigs XIV. wurde jetzt ganz zu einem Mordbrennerkrieg. Am un- menschlichsten hauste der verworfene General Melac. Nicht blos die Häuser und Hütten wurden niedergebrannt, sondern so- gar was zum Wiederauf ban, nach erlangtem Frieden zum Unter- halte hätte dienen können, wurde zerstört; fast alle Weinstöcke wurden ausgerissen, die Fruchtbäume an der Wurzel abgehauen. Viermal hundert tausend Einwohner Badens und der Pfalz wur- den um Hab und Gut gebracht, mit hunnisch-viehischer Miss- handlung gegen das weibliche Geschlecht, diejenigen Männer, welche ihre Frauen, Tochter und Bräute schützen wollten, nie- dergemetzelt, die Anderen aus ihren Städten und Dörfern hinaus- gejagt in den Schnee und das Eis des Winters, zu schen und zu suchen, wo sie weit weg ein Unterkommen finden könnten.
Weit über zwolfhundert Städte und Dörfer in diesen deutschen Gränzlanden traf dieses schreckliche Loos. In Heidelberg wurde das schöne kurfürstliche Schloss zuerst ansgeplündert und dann in die Luft gesprengt, wovon noch hente die Trümmer zeugen. Speyer und Worms wurden nach schwerer Brandschatzung ganz- lich zerstört, in Asche gelegt. In Speyer blieb weniges stehen, in Worms nur der Dom. Verwüstet wurden unter den zwölf hnn- dert Orten : Oppenheim, Kreuznach, Alzey, Gernsheim, Fran- kenthal, Wachenheim, Ladenburg, Bretten, Bruchsaal, Baden- Baden, Rastatt, Pforzheim. Auf die Frage, warum die Einwoh- ner dieser Lande gegen allen Kriegsgebrauch auf diese Weise be- handelt werden, antwortete der Herzog von Crequi: "Ketzer ver- dienen ebenso sehr die Ansrottung mit Feuer und Schwert, wie die Mohamedaner."
In den von den Franzosen besetzten Städten und Oerter wurde die katholische Religion und Kirche gewaltsam eingeführt und
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bei dem Frieden zu Ryswick am 20. September 1697 die Klansel · beigefügt, dass in den von Frankreich zurückgegebenen Orten, wovon die Mehrzahl in der Pfalz lag, die auf diese Weise gewalt- sam eingeführte katholische Religion, erhalten würde.
Das war eine offenbare Verletzung des westphalischen Friedens, und mit Recht erhoben die protestantischen Stande Wieder- spruch, aber vergeblich. Und als nicht lange nachher in der Pfalz ein Regierungswechsel eintrat, versuchte der neue streng katholische Hof, den Protestantismus im Lande auszurotten, Ill- ter Berufung auf jene Klausel, und unter Gewaltthaten und Un- gerechtigkeiten eine Gegenreformation durchzusetzen.
Die schrecklichen Schicksale des französischen Krieges und die darauf folgende Verfolgung und Bedruckung der Protestan - ten jener Länder, waren die Ursachen, dass die dem Ocean so weit entfernt wohnende Pfälzer und Badenser die Ersten waren, welche in Massenauswanderung das deutsche Vaterland ver- liessen, um in Amerika eine Heimstätte zn gründen, wo sie unge- hindert ihrer Ueberzeugung gemäss ihre Religion ausüben, und die Früchte ihres Fleisses in Frieden geniessen zu können glaub- ten. Sie hielten treu an der Sprache und Sitten der alten Hei- math und bis auf den heutigen Tag bildet dieser Stamm unter dem Namen " Pennsylvanisch Deutsche," einen höchst achtungs- werthen, fleissigen und wohlhabenden besondern Theil der Be- völkernng unseres Nachbarstaates Pennsylvanien.
Es waren ein Theil dieser armen, vom Schicksal so schwer heimgesuchten vertriebenen Bewohner der Pfalz und Badens, welche im Anfang der 1730er Jahre am westlichen Ufer des Sus- quehanna ihre Ruhe und Frieden suchten, und in liebender Er- innerung an ihre alte Heimath, ein Mannheim, West-Mannheim und Heidelberg Township gründeten, welche noch heute diese Namen führen. Aber Frieden sollten diese schwer geprüften Menschen auch hier noch lange nicht finden.
Die fünf Nationen, zu welcher Verbindung die Conestogoe In- dianer gehörten, behaupteten im Jahre 1222, dass sie das westliche Ufer des Susquehanna nicht an William Penn verkauft hätten. und da die Regierung von Pennsylvanien nie erlaubte, dass Land von Weissen in Besitz genommen wurde, ohne dass die Regierung vorerst durch Kaufvertrag von den Indianern dasselbe recht- mässig erworben hatte, so wurde der Strom der Einwanderung
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etliche Jahre am Ostufer des Susquehanna aufgehalten. Die Unterhandlungen mit den Indianern für den Ankauf des West- Ufers dauerten von 1722 bis zu 1735, wo sie endlich zur Zufrie- denheit der Indianer geschlichtet wurden und dieselben das Be- sitzrecht vom rechten Ufer des Susquehanna bis an die westlichen Berge, an Pennsylvanien abtraten.
Schon im Jahre 1721 hatte ein Mann, Namens John Grist, mit Familie sich westlich vom Susquehanna, in der damaligen Graf- schaft Lankaster, jetzt York, niedergelassen, derselbe wurde je- doch auf die Beschwerde der Indianer, von der Pennsylvanischen Behörde entfernt. Am 28. Mai 1722 wurde der Silberschmidt Philip Syng, welcher vorgab unter Marylander Autorität einen Besitztitel über in Lankaster Grafschaft, westlich vom Susque- hanna, gelegenen Land zu haben, in's Gefängniss geworfen. Von ungefähr dem Jahre 1730 an, gab die Regierung von Pennsyl- vanien Landverwilligungen, an dem westlichen Ufer des Susque- hanna's gelegen, an die noch immer zahlreich einwandernden Deutschen. In kurzer Zeit, noch vor Ablauf eines Jahres hatten, unter diesen Bewilligungen mehr als vierzig Familien den Fluss überschritten und am östlichen Ufer ihre Niederlassungen ge- grundet, Wohnhäuser gebaut, den Urwald gelichtet, den jung- fraulichen Boden gepflugt und das Saatkorn gesäet.
Die Granzlinie, der 40. Grad nördlicher Breite, welcher die Kolonie Pennsylvanien von Maryland trennt, war zu jener Zeit noch nicht vermessen. Man nahm an dass dieselbe 15 Meilen südlich von Philadelphia lag, und hatte man sich am östlichen Ufer des Susquehanna's ziemlich genau geeiniget und die Juris- diction Pennsylvanien's bis an den 40. Grad nördlicher Breite an- erkannt.
Da nun die Gränzlinie sich in gerader westlicher Linie aus- dehnt, so sollte man meinen, dass unter friedlichen Ansiedlern, wo doch Land in Fülle vorhanden war, es wenig Anlass zu Gränzstreitigkeiten gegeben hätte. Leider kam es anders.
Im Juni 1722 ertheilte der Gouverneur von Maryland den Be- fehl, Land zu vermessen, welches am Conestogoe-Fluss, zwölf Meilen nördlich von Philadelphia und von ihm als innerhalb der Gränzen von Baltimore County gelegen, beansprucht wurde. Gränzstrolche, welche vor keiner Gewaltthat zurückschreckten, benutzten diese Gränzwirren, und die friedlichen deutschen An-
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siedler hatten Jahre lang unsägliche Unterdrückung, Verfolgung, Raub und Mord zu erdulden, wovon dic Kansas-Nebraska Granz- streitigkeiten unserer Zeit ein Seitenbild liefern.
Am 10. März 1731 siedelte sich Thomas Cressap, welcher cin Anhänger des Lord Baltimore war, und unter der Autorität des Gouverneurs von Maryland zu handeln vorgab, an dem westlichen Ufer des Susquehanna, in dem jetzigen York County, an. Seine Ansiedelung war nahe dreissig Meilen nördlich von der Mary- land-Gränze, in Pennsylvanien, gelegen, und dennoch behauptete er innerhalb der Granzen von Baltimore County zu sein und übte als Friedensrichter, vom Gouverneur von Maryland angestellt, willkürliche Gerichtsbarkeit in jener Gegend von Pennsylvanien. Thomas Cressap war ein Gränzstrolch vom reinsten Wasser, je- doch einer der interessantesten Charaktere unserer Kolonial- Periode. Tollkühn verwegen, rücksichtslos gegen die Rechte Anderer, ein leidenschaftlicher Parteiganger für Lord Baltimore, ein unversöhnlicher Feind der Indianer und wurde ein Feind der deutschen Ansiedler in Pennsylvanien. Er war ein Capitain der Maryland-Miliz und brachte vier Genossen, alle schwer bewaffnet, mit sich nach Pennsylvanien .* ) Er nebst seinen Genossen waren zur Zeit die einzigen englischen Ansiedler der Gegend, alle an- dere waren Deutsche. Sein Verfahren war von Anfang an ein gewaltthätiges, er nahm den Indianern ihre Waffen, brannte ihre Hütten nieder und machte sie, ohne Ursache zu haben, zu Ge- fangenen. Er bedrohte einen Jeden, welcher sich der Jurisdik- tion Maryland's und Baltimore County nicht fugen wollte, er drohte, die Beamten von Pennsylvanien, welche sich in seine Jurisdiktion wagen würden, zu erschiessen, und als er am 30. Januar 1734 wegen Gewaltthätigkeit auf JJohn Hendricks' Farm, von dem Scheriff von Lancaster County verhaftet werden sollte, wiedersetzte er sich und erschoss den Hulfs-Scheriff Knowles Daunt.
Wie die Regierung von Maryland einen Ueberfluss von Energie und Thatkraft durch ihre Beamte in diesen Gränzstreitigkeiten kund gab, so mangelte es der Regierung der Provinz Pennsyl- vanien an moralischer Kraft, ihre Rechte innerhalb der Gränzen der eigenen Provinz zu behaupten, und die deutschen Ansiedler
*) Wright & Blanton's Report to Provincial Council January 9th, 1753.
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mussten schwer an den Folgen dieser Schwäche leiden. Der Scheriff von Lancaster County zog sich auf das östliche Ufer zu- rück und überliess die Deutschen ihrem Schicksal.
Die Regierung von Pennsylvanien sandte in dieser Sache eine Beschwerde an den Gouverneur von Maryland, welcher versprach, Cressap gerichtlich in Baltimore County prozessiren zu lassen. Wir haben jedoch keine Kunde, dass dieses Versprechen gehalten wurde. Cressap hanste nach wie vor in seiner Weise und der Gouverneur behauptete, dass die Gegend, wo jene Mordthat statt- fand, innerhalb der Granzen der Provinz Marylands sei. Um dieser Behauptung Nachdruck zu geben, gab er am 2. Februar 1234 dem Scheriff von Baltimore County den Befehl, die deutsch- pennsylvanischen Ansiedler Johann Hendricks und Josua Min- shall zu verhaften, weil sie ohne Erlaubniss Land in Besitz ge- nommen hatten, welches zur Provinz Maryland gehöre, während sie es unter einem Besitztitel von der Provinz Pennsylvanien be- anspruchten. Die Männer wurden anf ihren Wohnsitzen verhaf- tet, von ihren Familien hinweg nach Annapolis geschleppt, wo sie Monate lang in einem elenden Gefängniss schmachteten. Die Regierung von Pennsylvanien sandte zwei Commissionare nach Annapolis, um die Freilassung von Hendricks und Minshall zu bewirken, jedoch ohne Erfolg. Die Gefangenen wurden später gegen Bürgschaft entlassen. Da der Susquehanna nie die Gränz- linie zwischen Maryland und Pennsylvanien bildete, sondern die Gränze den Fluss in gerader Linie von Osten nach Westen durch- schneidet und das östliche Ufer der Gegend im anerkannten In- bestrittenen Besitz Pennsylvaniens war, so halt es uns schwer zu erklären, unter welchen Rechtsgrunden Maryland Anspruch auf Jurisdiktion über jene Gegend machte.
Die Gewaltthätigkeiten des Thomas Cressap nahmen nun einen grösseren Umfang. Am 23. September 1735 schritt die Cressap- sche Bande soweit, dass sie Robert Buchanan, den Scheriff von Lancaster County, gefangen nahm, welcher jedoch anf Anord- nung des Gouverneurs von Maryland bald wieder in Freiheit ge- setzt wurde. Die Gewaltthätigkeiten Cressap's und seiner Ge- nossen richtete sich nun hauptsächlich gegen die fleissigen, fried- lichen und hülflosen deutschen Ansiedler, von welchen Viele un- ter der Angabe, dass sie die Oberheit der Provinz Maryland nicht anerkannten, sondern Pennsylvanien, um ihre Habe beraubt, ge- schlagen und von Haus und Hof vertrieben wurden.
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Durch den Fleiss der Pfalzer war die Wildniss bald in den blühenden, fruchtbaren Garten verwandelt, wie uns heute noch York County erscheint. Die Habsucht und der Neid der südlich wohnenden Engländer scheint durch die schnell errungene Wohl- habenheit dieser Deutschen erregt worden zu sein, und es ent- spann sich ein Kampf, dieselben von ihren Heimstätten zu ver- treiben, um sich in deren Besitz zu setzen. Man machte sich die Unwissenheit der Deutschen mit den englischen Gesetzen, Sprache und Sitten zu Nutze, und unter dem Schein gesetzlichen Ver- fahrens, wurden Viele ihrer Habe und Heimath beraubt. Balt- hasar Springler, unter einer Landbewilligung von Pennsylvanien, siedelte sich im Jahre 1733 am Codorus Fluss an, er baute sich ein Haus und bebante sein Land. Thomas Cressap, der Friedens- richter und Milizcapitain von Maryland, liess das Land im Jahre 1736 als zu der Provinz Maryland gehorend, wieder vermessen, vertrieb Springler und setzte John Keller in den Besitz desselben. Friedrich Ebert hatte dasselbe Schicksal. Michael Tanner er- · hielt am 17. September 1734 von Pennsylvanien eine Landbe- willigung von 200 Acker. Er bante sein Wohnhaus und Stall- ungen darauf, lichtete und bebante das Land, und wurde nebst Familie im September 1735 von Thomas Cressap, welcher vorgab im Auftrage des Gouverneurs von Maryland zu handeln, gewalt- mässig vertrieben und Daniel Lowe mit seiner Familie nahmen auf Anordnung Cressap's Besitz von Ilaus und Hof. Auf diese Weise wurden etliche vierzig Deutsche um ihre neue, schwer er- worbenen Wohnstatten beraubt, und in's Elend und Armuth ge- stossen .* )
Da die Behörden von Pennsylvanien diesem grossen Unrecht keine Abhilfe thaten, so wurden viele der Deutschen getäuscht und suchten ihre Besitztitel von Maryland, in dessen Gränzen sie sich nun glaubten, zu bekommen. Cressap, dessen Autorität da- durch anerkannt wurde, war ihnen gegen gute Bezahlung darin behülflich. Er hatte einen Genossen, welcher, obgleich er nichts davon verstand, für schwere Bezahlung das Land für die Ansied- ler zu vermessen hatte. Die Unannehmlichkeiten hörten jedoch nicht auf, und die Deutschen wurden bald belehrt undü berzeugt, dass sie in Wirklichkeit auf Pennsylvanischen und nicht auf
*) Nicholas Perie, see History of York 1752.
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Marylander Boden wohnten, und jetzt erst recht der Gefahr aus- gesetzt waren, sammtlich ihr Landeigenthum zu verlieren. Sie beschlossen deshalb, in einer zu diesem Zweck gehaltenen Ver- sammlung, sich förmlich gegen die Autorität der Regierung von Maryland aufzulehnen und die Regierung der Provinz Pennsyl- vanien als allein rechtmässig anzuerkennen. Zu diesem Zwecke . wurde im August 1736 ein Schreiben von 60 Ansiedlern unter- zeichnet, an den Gouverneur Samuel Ogle von Maryland abge- sandt; dasselbe lautete:
"Sir: - Die Unterdrückung und schlechte Behandlung, welche wir vou Seiten der Regierung von Maryland, oder wenigstens von Personen, welche von derselben ermächtigt waren, und deren Handlungen stillschweigend geduldet wur- den, erlitten haben, ist, wie wir zur Genüge wissen, eine ver- schiedene gewesen welche andern Unterthanen Ihrer Regierung zu Theil wird. Dieser Umstand, verbunden mit anderen ge- wichtigen Gründen, gibt uns genügend Ursache anzunehmen, dass der Gouverneur und die Magistrate der besagten Provinz selbst nicht glauben, dass wir innerhalb der Granzen Ihrer Lordship's Lande ansässig sind. Wir wurden erst durch schöne Versprechungen und später durch Drohungen und Be- strafungen zu Zwecken verführt und missbraucht, welche nicht nur zur Zeit ungerechtfertigt sind, sondern wenn ausgeführt, zu unsern gänzlichen Ruin führen werden. Wir, die Unter- zeichneten, nebst vielen unserer Nachbarn, einsehend, welch ein grosses Unrecht wir der Regierung von Pennsylvanien zu- gefügt haben, indem wir von derselben Land in Besitz haben, ohne ihr den schuldigen Gehorsam zu leisten, beschliessen des- halb, zu unserer Pflicht zurück zu kehren und in Zukunft nu- ter den Gesetzen und der Regierung von Pennsylvanien zu leben, in welcher Provinz wir uns ansässig glauben. Wir sind einstimmig entschlossen, diesen Beschluss so lange zu befolgen, bis das Gegentheil durch richterliche Entscheidung der be- strittenen Gränze bestimmt worden ist, und es ist unser Wunsch, dass diese, unsere ehrlichen und gerechten Absichten, dem Gouverneur von Maryland und jedweden den es angeht, be- kannt gemacht werden. Mit unseren eigenhandigen Unter- schriften unterzeichnet am 11. August 1736."
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Diese Handlung wurde ferner durch ein Schreiben der Behörde von Pennsylvanien mitgetheilt. Die Behörde von Lancaster County schickte zwei Constabler zum Schutz der Deutschen uber den Floss. Einer derselben, Charles Jones, wurde sofort von Cressap's Gesellen gefangen genommen, welche ihn hinweg schleppten, aber stark verfolgt, wieder laufen liessen. Der Gouverneur von Maryland war withend über die Handlung der Deutschen. Er erklärte sie als Rebellen gegen die Regierung von Maryland und erliess ein Aufgebot an die Miliz von Balti- more und Cecil County sich zu versammeln, um die Deutschen zu vertreiben. Anfangs September 1736 versammelte sich die Miliz in Folge des Aufgebots auf Col. Nathaniel Rigby's Plantage, im oberen Theil von Baltimore County, und wurden 300 Mann zu Pferd und bewaffnet für den bevorstehenden Feldzug gegen die Deutschen eingemustert. Oberst Edward Hall übernahm das Commando, Paca und Guest waren Capitaine, und William Hammond, der Scheriff von Baltimore County, war im Gefolge. Am 11. September rückte dies tapfere Kriegsheer zu Ross, unter Trommelklang und Trompetenschall, in das jetzige York County ein, um die Deutschen wieder zum Gehorsam der Regierung von Maryland zu bringen. Der Gouverneur von Maryland zog es vor in Baltimore County, in der Nähe, zu verweilen. Das Heer kam des Nachmittags in die Nähe von Wright's Wohnung am Sus- quehanna-Fluss, wohin sich etlich vierzig Deutsche geflüchtet hatten. Mehrere Offiziere kamen nach Wright's Wohnung und verlangten mit den Deutschen zu sprechen, welche jedoch Ver- rath und Gefangennahme befürchteten, sich weigerten, person- lich mit den Offizieren zu sprechen, sondern versprachen, eine schriftliche Mittheilung zu senden. Der Scheriff von Lancaster war in Wright's Wohnung, und immer mehr Bewohner von Lan- caster County versammelten sich dort, um sich mit Waffen zu vertheidigen. Am nächsten Tag waren mehr als 150 Pennsyl- vanier . dort versammelt. Ein Theil der Maryland Truppen be- schäftigte sich einstweilen damit, unter dem Vorwande rückstän- dige Taxen zu collectiren, eine Anzahl der Häuser der Deutschen um ihre Werthsachen zu plündern. Cressap war withend, dass die Offiziere sich weigerten den Befehl zum Angriff auf die Penn- sylvanier zu geben, und ihn selbst hinderten seine Büchse anf dieselben abzufeuern. Er schimpfte die Offiziere Feiglinge. Die grosse Mehrzahl der Maryland Truppen hatten jedoch keinen
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