Annual report of the Society for the History of the Germans in Maryland, 1st-6th, Vol. 1-6, Part 24

Author: Society for the History of the Germans in Maryland
Publication date: 1887
Publisher: Baltimore, Society for the History of the Germans in Maryland
Number of Pages: 732


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Religion und Erziehung.


Das Hauptelement aber der nach Pennsylvanien verpflanzten Kultur war die deutsche Sprache und die deutsche Bildung. Die Bildung war es, durch die Kirche vermittelt und fortge- pflanzt, welche dem Deutschthum in Pennsylvanien einen dauern- den fast unvertilgbaren deutschen Karakter gab. Schon Loher(' hat daranf verwiesen, dass die deutschen Kolonisten in Penn- sylvanien eine viel höhere Bildung mit sich brachten als ihre englisch, schottisch und irisch sprechenden Nachbarn. ,,In Grossbrittanien" (fährt er fort) ,war damals eine Dorfschule etwas ungewöhnliches, in Deutschland erschien den Landleuten der Schulmeister eben so unentbehrlich zur Gemeinde als der Pfarrer und Küster." So war es auch bei den ersten deutschen Ansiedlern in Pennsylvanien. Die Schulen waren Gemeinde- schulen und gewöhnlich mit ausgebildeten Lehrern versehen. In den oben citirten Bericht finden wir 18 Schulmeister auf- gezählt. Also entstanden bald unter den verschiedenen Religions- genossenschaften eigene Schulen. Im Jahre 1733 wurde das


(1) „Geschichtsblätter,“ S. 255.


(2) „Geschichte und Zustände der Deutschen in Amerika,“ S. 133 ff.


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Ephratenserkloster zu Ephrata errichtet. Im Jahre 1740 wur- den in Warwick und darauf in Nazareth und Litez Herrn- huterschulen gegründet. Auch in Lancaster, Philadelphia und anderen Städten entstanden deutsche Schulen. Sagt Loher : ,, Die Sitze der Ephratenser und der andern deutschen Prediger waren auch die Sammelplätze, wo die gebildeteren Manner im Lande gern ihre Mussestunden feierten. Die Schulen in Penn- sylvanien standen, einige unter Quakern und Walschen ansge- nommen, unter deutschen Lehrern. Man gab den deutschen Predigern in Amerika gern den Doktorgrad, um sie für die theologischen Professuren zu gewinnen". Unter den Trägern der deutschen Bildung in Pennsylvanien im 18. Jahrhundert waren viele wissenschaftlich gebildete Manner, die fur die gelehrtesten Lente in ganz Amerika galten. Selbst die Semi- naristen von Harvard College mussten sich wundern, dass diese deutschen Gelehrten ,,Latein so fertig als ihre Mutter- sprache sprachen." Man braucht nur an Vater Otterbein, den Bischof Ashburton, einen der ,, grössten Gelehrten und Theolo- gen die jemals nach Amerika kamen oder dort (hier) geboren wurden"; an Dr. Kuntze, ,,den sogenannten Begrunder der hebräischen und orientalischen Sprachwissenschaft in Amerika" zu erinnern.(1)


Viele deutschen Prediger in Pennsylvanien schickten ihre Söhne auf die deutschen Universitäten, damit sie die höchste Bildung des Vaterlandes genossen und nach ihrer Rückkehr das deutsche Wesen erhielten und erweiterten.


Erziehungs- und Organisationversuche.


Schon im Jahre 1742 machte der grossherzige Menschen- freund Graf Zinzendorf einen Versuch das Schulwesen in Penn- sylvanien zu verbessern, indem er ein Aufrufschreiben verbrei- tete, welches also lautet: „,Allen teutschen Eltern auf dem Lande, welche ihre Kinder gerne besser besorgt sähen ohne Hinderniss ihres Hanswesens, gedenkt man einen einfältigen und herzlichen Vorschlag zu thun, am nächstfolgenden 6 ten April 1742, Nachmittags um 1 Uhr, wornach sich des Heils ihrer Kinder begierige Väter oder Mütter in allen Townships zu richten belieben und sich desshalben zu besagter Zeit und Stunde an Bechtels oder Höffners Lehmanns Hause in German-


(1) Vgl. Löher, S. 135 tl.


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Ephratenserkloster zu Ephrata errichtet. Im Jahre 1740 wur- den in Warwick und darauf in Nazareth und Litez Herrn- huterschulen gegründet. Auch in Lancaster, Philadelphia und anderen Städten entstanden deutsche Schulen. Sagt Loher : „Die Sitze der Ephratenser und der andern deutschen Prediger waren auch die Sammelplätze, wo die gebildeteren Männer im Lande gern ihre Mussestunden feierten. Die Schulen in Penn- sylvanien standen, einige unter Quakern und Walschen ausge- nommen, unter deutschen Lehrern. Man gab den deutschen Predigern in Amerika gern den Doktorgrad, um sie für die theologischen Professuren zu gewinnen". Unter den Trägern der deutschen Bildung in Pennsylvanien im 18. Jahrhundert waren viele wissenschaftlich gebildete Männer, die fur die gelehrtesten Lente in ganz Amerika galten. Selbst die Semi- naristen von Harvard College mussten sich wundern, dass diese deutschen Gelehrten „Latein so fertig als ihre Mutter- sprache sprachen." Man braucht nur an Vater Otterbein, den Bischof Ashburton, einen der ,, grössten Gelehrten und Theolo- gen die jemals nach Amerika kamen oder dort (hier) geboren wurden"; an Dr. Kuntze, ,,den sogenannten Begrunder der hebräischen und orientalischen Sprachwissenschaft in Amerika" zu erinnern.(1)


Viele deutschen Prediger in Pennsylvanien schickten ihre Söhne auf die deutschen Universitäten, damit sie die höchste Bildung des Vaterlandes genossen und nach ihrer Ruekkehr das deutsche Wesen erhielten und erweiterten.


Erziehungs- und Organisationversuche.


Schon im Jahre 1742 machte der grossherzige Menschen- freund Graf Zinzendorf einen Versuch das Schulwesen in Penn- sylvanien zu verbessern, indem er ein Aufrufschreiben verbrei- tete, welches also lautet: ,,Allen teutsehen Eltern auf dem Lande, welche ihre Kinder gerne besser besorgt sahen ohne Hinderniss ihres Hauswesens, gedenkt man einen einfältigen und herzlichen Vorschlag zn thun, am nächstfolgenden 6 ten April 1742, Nachmittags um 1 Uhr, wornach sich des Heils ihrer Kinder begierige Väter oder Mütter in allen Townships zu richten belieben und sich desshalben zu besagter Zeit und Stunde an Bechtels oder Höffners Lehmanns Hause in German-


(1) Vgl. Löher, S. 135 tl.


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town melden wollen. Wer selbst nicht kommen kann, der wolle seine Meinung jemand Anders auftragen. Germantown, am 22. May 1742."


Freischulen.


Bald darauf, also im Jahre 1751, bildete sich eine Gesell- schaft von Menschenfreunden. aus Holländern, Engländern, Amerikanern bestehend. Die Mitglieder in England waren meistens Lente von hohem Adel, in Amerika Manner wie James Hamilton, William Allen, Richard Peters, Benjamin Franklin, Conrad Weiser, William Smith. Sagt Seidensticker: (1) „Michael Schlatter, ein reformirter Prediger, hatte den Anstoss gegeben ; der Rev. Thompson durchreiste als Missionar des Vereins England und Schottland. Die egyptische Finsterniss in Deutsch-Pennsylvanien muss herzzerreissend geschildert sein, denn der König von England *** gab 1000 Pfund, die Prin- zessin von Wales steuerte 100 Pfund bei und die englische Aristokratie half ebenfalls bereitwillig."


Es wurden also zwischen Februar und Mai 1755 durch die Gesellschaft und deren Rath (aus Franklin, Weiser, Smith, Peters, Schlatter und andern bestehend), Schulen in New Han- over, Providence (Trappe), Reading, Lancaster, Skippack, Go- schenhoppen, York und andern Orten errichtet. Im Jahre 1759 zählten diese Schulen etwa 700 deutsche Kinder. Es heisst im Bericht: ,, Die Jugend soll in der englischen und deutschen Sprache, im Schreiben, Rechnen, Psalmensingen und in den wahren Grundsätzen der heiligen protestantischen Religion unterrichtet werden. (2)


Die Errichtung dieser Freischulen aber gab Veranlassung zu grossen politischen und sozialen Streitigkeiten. Die Deut- schen widersetzten sich und die Opposition fand in Christoph Sauer,. dem deutschen Drucker, ihren Hauptvertreter. Durch Saner's Widerstand und Smith's Verunglimpfung der Deutschen geriethen die Schulen in Verfall und wurden schon im Jahre 1762 völlig aufgelöst.


Ehe wir zur spateren Entwickelung der deutsch-pennsyl- vanischen Kultur übergehen, sei es gestattet aus dem reichen Vorrathe gleichzeitiger Werke einige interessante und wertvolle Zeugnisse aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts vorzufuhren.


(1) „Geschiehtsblätter,“ S. 183.


(2) Seidensticker, „Geschichtsblätter,“ S. 183.


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Von dem Anfang des 18. Jahrhunderts an, wurde die Musik von den Deutschen in Pennsylvanien eifrig gepflegt. Ein handschriftliches Exemplar von Johann Kelpius Hymnen aus dem Jahr 1705 wird in der Bibliothek der Pennsylvania Historical Society in Philadelphia aufbewahrt. Die Ephratenser nahmen die von Kelpius niedergelegte Leier wieder auf. Aus der berühmten von Prof. Seidensticker und andern, viel be- sprochenen Ephratenser Chronik(1) führen wir folgendes über . die Einführung dieser Singschule an: "Ehe noch der Anfang gemacht wurde, hat er (der Musiklehrer) eine scharfe Unter- suchung angestellt in Ansehung derer Dingen, welche mensch- licher Stimme schädlich oder beförderlich sind, da er dann alle Obst-, Milch-, Fleisch-Speisen ete. als der Stimme schädlich erkläret. Man sollte gedacht haben, er hatte dieses aus Py- thagoras Schule entlehnt, um also seinen Schülern die thierische Art des Fleischessens, welcher er nie günstig war, abzugewoh- nen. Als er dieses AAlles deu Brüdern zur Untersuchung vor- legte, bemerkten sie, dass er einige Worte, darinnen er die Weiberliebe auch als der Stimme schädlich angab, mit der Feder ausstrich, anf Befragen : Warum er solches gethan, sprach er: Es möcht sich jemand daran ärgern ; aber mit Gut- befinden der Bruder ist dieser Satz beybehalten, und die Schrift dem Gesangbuch als eine Vorrede beygefügt worden."


Die deutsche Presse in Pennsylvanien.


Die Bedeutung des frühesten deutschen Buchwesens in Pennsylvanien kann nicht leicht überschätzt werden da die ersten Drucke so genau den Zustand und das Streben der damaligen deutsch-pennsylvanischen Kultur ausdrucken. Der Karakter dieser Kultur tritt selbst in den Titeln der ersten in Penn- sylvanien gedruckten Bücher zu Tage. Man . betrachte mir diejenigen, welche vor dem Jahre 1743 erschienen:


1728-Das Büchlein vom Sabbath. Von Conrad Beissel. Philadelphia. Neun und neunzig mystische Sprachen. Von Conrad Beissel. Philadelphia.


1730-Das Ehebüchlein. Von Conrad Beissel. Philadelphia. B. Franklan ? -Göttliche Liebes und Lobesgethöne, Welche in dem Herzen der Kinder der Weisheit zusammen ein Und von da wieder ausgeflos- sen. Zum Lob Gottes Und nun von denen Schülern der himm- lischen weiszheit zur erweckung und aufmunterung in ihreni


(1) S. 137.


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Creutz und leiden aus herzlicher liebe mitgetheilt, Dann mit lieb erfüllet sein bringt Gott den besten Preisz und giebt zum singen uns die allerschönste weisz. Zu Philadelphia gedruckt bey Benja- min Frauklin in der Marckstrasz.


-Der Teutsche Pilgrim mitbringende seinen sitten Calender. Auf das Jahr nach der guaden reichen geburt unsers Herrn und Heylandes Jesu Christi MDCXXXI (welches ein gemein jahr von 365 tagen ist) Auf den Pennsylvanischen Meridianum gerichtet jedoch iu de- nen beiliegenden Orten, ja von Newfoundland an bis Carolina ohne mercklichen Unterschied gar wohl zu gebrauchen. Zum ersten mahl heraus gegeben. Zu Philadelphia gedruckt bei Andreas Brad- ford.


1731-Dasselbe für das Jahr 1732.


1732-Philadelphische Zeitung. Philadelphia, B. Franklin.


-Der Teutsche Pilgrim *** auf das Jahr 1733.


-Vorspiel der Neuen-Welt, welches sich in der letzten Abendröthe als ein paradisischer Lichtes-glanz unter den Kindern Gottes her- vorgethan. In Liebes, Lobes, Leidens, Kraft und Erfahrungslie- dern abgebildet, die gedrückte, gebückte und Creutztragende Kirche auf Erden ***. Zu Philadelphia gedruckt bey B. Franklin in der Marckstrass.


1736-Jacobs Kampf- und Ritter-Platz ***. Zu Philadelphia gedruckt bei B. F.


1738-EIN A.B.C. und Buchstabierbuch bey allen Religionen oline billi- gen Anstoss zu gebrauchen. Germantown, Chr. Sauer.


-Der Fruehling ist herbey gekommen. 2 Seiten.


-Mein Heyland der bist mir. 2 Seiten.


-Oft hast du mir zugerufen. 1 Blatt. Germantown, Chr. Sauer, 1738.


1739-DER EHEMALS verdorrete, nun aber wieder grünende und Frucht- tragende Ruthe Arons. Germantown, Christoph Sauer.


-DER HOCH-DEUTSCH-Amerikanische Kalender. ***.


1743-Biblia. Sauer.


In den ersten in Pennsylvanien gedruckten Büchern kommt auch der pietistische Karakter des religiösen Lebens jener Zeit, zum Ausdruck. Ausser den schon erwähnten Werken braucht man nur an die von Sauer veröffentlichten separatistischen Gesangbücher, den „Ausbundt" (1742) für die Mennoniten, das „Kleine Davidische Psalterspiel" (1744) für Dunker, das „Neueingerichtete Gesangbuch" (1762) für Schwenkfelder, und an Werke mystischen Inhalts wie das eigenartige Werk Con- rad Beissels, „Zionitischen Stiftes erster Theil, oder eine wohl-


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riechende Narde, die nach einer langen Nacht in der herrlichen Morgenröthe ist aufgegangen", Ephrata 1745 (vergleiche auch den anderen Theil desselben Werkes) und ,, Das Gesang der Einsamen und Verlassenen Turteltaube" von demselben Ver- fasser (Ephrata 1647);(1) an das „Geistliche Blumengärtlein inniger Seelen" (1747), Lovignys ,, Verborgenes Leben mit Chri- sto" und Hoburgs ,, Postille" (1748) zu erinnern. Nach der Sauer'sehen Bibel steht als Erbauungsbuch der Deutsch-Penn- sylvanier des vorigen Jahrhunderts ohne Zweifel Johann Arndt's „Wahres Christenthum,“ das in Grossoktav, 1356 Seiten, zu 12 Schilling im Jahre 1751 in Philadelphia ,,gedruckt und verlegt bei Benjamin Franklin und Johann Bohm" erschien, @ am nächsten. Unter den Werken weltlichen Inhalts verdienen folgende erwähnt zu werden : ein ,, Leben Friedrichs des Gros- sen“ (1761), und ,Eine nützliche Anweisung oder Beyhülfe vor die Teutschen um Englisch zu lernen: Wie es vor Neu- Ankommende und andere im Land gebohrne Land- und Hand- werks-Leute, welche der englischen Sprache erfahrene und geübte Schulmeister und Preceptores ermangeln; mit ihrer gewöhnlichen Arbeit und Werkzeug erläutert, nebst einer Gram- matic, vor diejenigen, welche in andern Sprachen und deren Fundamenten erfahren sind. Germantown. Gedruckt und zu finden bei Christoph Sauer 1751." Die dritte Auflage dieses höchst interressanten Lehrbuches erschien schon 1722. Auch auf dem Gebiete der deutsch - pennsylvanischen Journalistik scheint Christoph Sauer bahnbrechend gewesen zu sein, indem er am 20. August 1439 ein Blatt unter dem Titel: ,, Der Hoch- deutsch Pennsylvanische Geschichts-Schreiber, oder Sammlung wichtiger Nachrichten ans dem Natur- und Kirchen-Reich .. herausgab. Das Blatt hat eine Bedeutung nicht nur als Pionier unter den deutsch-amerikanischen Zeitungen, sondern auch viel- mehr als eins der werthvollsten Zeugnisse des Kulturzustandes der damaligen Zeit. Es liesse sich ein sehr interressanter Vergleich zwischen den in diesem Blatt besprochenen Fragen und den von Mittelberger 3 geschilderten amerikanischen Ver- hältnissen derselben Zeit anstellen.


(I) Vgl. Eickhoff S. 154-5; Seidensticker "Geschichtsblätter" S. 169 ff.


(2) Vgl. „,Hallische Nachrichten," Neue Ausg. I, 653.


(3) Vgl. den Verfasser über „,Gottlieb Mittelbergers Reise nach Pennsylva- nien." Bericht d. G. f. d. G. d. D. in Md., 1891.


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Also um die Mitte des 18. Jahrhunderts hatte das penn- sylvanische Deutschthum drei Mittelpunkte für deutsche Bücher: die Franklin'sche Druckerei in Philadelphia, die Sauer- sche in Germantown und die Klosterpresse in Ephrata, welche zu gleicher Zeit trotz der damals herrschenden mystisch-pietis- tischen Tendenz, glänzende Brennpunkte der deutschen Kultur wurden.


Die schwere Kriegszeit der dreissig Probejahre von 1753 bis 1783 ist vorüber. Die Deutschen in Nordamerika haben zwei blutige Kriege durchgemacht und sich grosser Helden- thaten fähig gezeigt. In dem französisch-indianischen Kriege bewiesen sie sich als treue Unterthanen der englischen Krone; in dem Revolutionskriege haben sie heldenmüthig für amerikani- sche Freiheit gekämpft und das Recht eines freien amerikani- schen Burgers glänzend gewahrt.


In dem im Jahre 1763 an England abgetretenen franzö- sisehen Ohio-Gebiete hatten die Herrnhuter, Post und Hecke- walder, schon 1761 einen Missionsversuch gemacht. . Im Jahre 1768 gründete David Zeisberger, der Herrnhuter-Apostel der Indianer, eine Indianer-Gemeinde zu Goshocking am Alleghany- flusse. Also durch diese Pioniere wurde dem schwellenden Strom der einwandernden Deutschen das Thor des bis dahin unerforschten Westens geöffnet, durch welches seitdem deutsche Kultur und deutsches Leben ihren Weg nach den fruchtbaren Regionen des Mississippi-Thales gefunden haben, und jenseits der Alleghany-Gebirge ein neues Deutschland ins Leben ge- rufen. Hier ist nicht der Ort auf die eigenthümliche Kultur- entwickelung des Deutschtums im Westen weiter einzugehen, kehren wir nach Pennsylvanien zurück.


Während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts breite- ten die Deutschen in Pennsylvanien sich über die westlichen und nördlichen Counties aus, kamen immer mehr und mehr mit den einströmenden Neu-Engländern in Berührung und lösten sich mehr und mehr von dem Vaterlande ab. Da eng- lisch überall als Geschäftssprache anerkannt wurde, drohte die deutsche Sprache bald unterzugehen. Um also das Deutsche zu erhalten, wurden in den Städten neue Schulen errichtet und alte Anstalten verbessert. Eine der einflussreichsten


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Einrichtungen dieser Zeit war die deutsche Gesellschaft ron Pennsylvanien, welche im Jahre 1764 gegründet wurde. Prof. Seidensticker haben wir eine vortreffliche Geschichte dieser Gesellschaft zu verdanken. Die Grundung derselben hat eine solche hohe Bedeutung für deutsche Kulturentwicklung in Pennsylvanien und in Amerika überhaupt, dass ich mir erlaube den Vorbericht und den Zweck dieser Gesellschaft kurz vor- zuführen. Was folgt ist Seidenstickers Werk entnommen :


„In Nomine Domini nostri Jesu Christi. Amen! Wir, Seiner königlichen Majestät von Gross-Brittanien teutsche Unterthanen in Pennsylvanien, sind bei Gelegenheit der Mittleidenswürdigen Umstände vieler unserer Landsleute, die in den letzten Schiffen von Europa in dem Hafen von Philadelphia angekommen sind, bewogen worden, auf Mittel zu denken, um diesen Fremdlingen einige Erleichterung zu verschaffen und haben mit unserer Vorsprache und einem geringen Beitrage in Gelde manchen Neukommern ihre Noth etwas erträglicher gemacht.


Dies hat uns auf den Schluss gebracht, so wie wir zusammen gekom- men sind, zusammen zu bleiben, eine Gesellschaft zur Hülfe und Bey- stand der armen Fremdlinge Teutscher Nation in Pennsylvanien zu errichten und einige Regeln fest zu setzen, wie dieselbe Gesellschaft von Zeit zu Zeit sich vermehren und ihre Gutthätigkeit weiter und weiter ausbreiten möge.“ (S. 40.) 1


In dieselbe Zeit (1773) fällt die Gründung des deutschen Seminars in Philadelphia durch Pastor Kunze, der einige Jahre später (1780) die bedeutende Aenderung im Lehrplan der Uni- versität Pennsylvanien durchsetzte, „,dass alle gelehrten Sprachen und Anfangswissenschaften von dem deutschen Professor in deutscher Sprache vorgetragen werden sollten. "(1) Bald nach- her (1787) wurde die ,, Deutsche Hohe Schule und Freischule" ("Franklin College") zu Lancaster eröffnet.


DEUTSCHE KULTURENTWICKELUNG IN MARYLAND.


Den Mittelpunkt der deutschen Kulturentwicklung im Staate Maryland ("Terra Mariae") bildet unsere herrlich gele- gene Stadt der Monumente Baltimore. Bis vor Kurzem lag die Geschichte des Deutschthums in Maryland tief in den Archiven verborgen. Im Jahre 1886 aber wurde der ,, Verein zur Erfor- schung der Geschichte der Deutschen im Staate Maryland," der


(1) Vgl. Eickhoff, „In der neuen Heimath,“ S. 179 fr.


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Pionier auf diesem Gebiete in den Vereinigten Staaten, gegrün- det. Den fleissigen Mitgliedern dieses Vereins, deren scharfem Auge die mit Staub bedeckten Archiven nicht zu entgehen ver- mögen, haben wir schon die Aufdeckung mancher werthvollen Schätze zu verdanken. Ein Jahr später, also 1887, erschien durch Anregung dieses Vereins das unentbehrliche Werk : „,Baltimore, seine Vergangenheit und Gegenwart.“ Ueber die Zahl der Deutschen in Baltimore sagt dieses Werk (S. 85) : „Immerhin darf man eine rein deutsche Bevölkerung von 80,000 Seelen annehmen.“ Es bilden diese Deutschen einen bedeutenden Theil der ganzen Bevölkerung der Stadt und uben einen grossen Einfluss auf deren industrielle, soziale und gei - stige Entwicklung aus. Schon 1710-1712 kamen deutsche Auswanderer nach Maryland und liessen sich zwischen Mono- cacy und den Bergen nieder. Die von ihnen angelegte Ansied- lung breitete sich bald nach den ,,Glades," Middletown und Hagerstown aus. In den Jahren 1748-1754 aber wanderten etwa 2800 Deutsche nach Maryland aus, deren viele sich in Baltimore niederliessen. Von dieser Zeit an nimmt das Deutsch- thum in Baltimore jährlich zu. Es siedelten auch viele Penn- sylvanisch-Deutsche nach Baltimore und den vorhin erwähnten Ansiedlungen im westlichen Theile des Staates über.(1) Aus dem ebengenannten Buche (S. 13) erfahren wir Folgendes : „Die Deutschen, welche sich vor dem Unabhängigkeitskriege hier ansiedelten, waren bis auf vereinzelte über England ausge- wanderte Pfälzer, keine direkten Einwanderer. Sie kamen meist aus Lancaster, Reading und York, Pennsylvanien, und nicht wenige waren bereits von deutschen Eltern im Lande geboren (wie z. B. die Bohns, SlingInffs, Stouffers und Andre), aber sie hielten zäh an deutscher Sprache und Sitte, und wie fest sie auch an dem Vaterlande hingen, sie schämten sich nicht Deutsche zu sein. Erst nach dem Frieden von Versailles er- hielt Baltimore eine direkte deutsche Einwanderung, die opu- lenten Kaufleute der alten Hansastädte Bremen und Hamburg begannen hier Filialen zu gründen und expedirten ihre Schiffe hierher, welche der Stadt und dem Staate manche werthvolle lebendige Fracht zuführten."


(1) Ich freue mich jetzt auf den vortrefflichen Artikel des Herrn Hennig- hansen über "The Germans in Western Maryland" verweisen zu können.


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Bedenke man die phänomenale Entwickelung des deutschen Wesens in Baltimore seit 1748. In jenem Jahre wurde die erste deutsche Bierbrauerei errichtet; im Jahre 1762 wurde die erste deutsche Kirche erbaut; in den SO'er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde die erste deutsche Zeitung, die ., Baltimore-Post", herausgegeben ; im Jahre 1817 wurde die erste deutsche Gesellschaft von Maryland ins Leben gerufen ; im Jahre 1836 wurde der Liederkranz gegründet; auch in den 40'er Jahren wurde das erste Theaterstück in deutscher Sprache aufgeführt; im Jahre 1850 wurde der Soc. Dem. Turnverein gegründet ; im Jahre 1874 wurde die erste offentliche englisch- dentsche Schule eröffnet, und damit die deutsche Sprache von der Schulbehörde anerkannt und in den Unterrichtsplan aufge- nommen. Heute rühmt sich das hiesige Deutschthin eines Handelsverkehrs, der diese Stadt zur stolzen Tochter der alten Hansa erhoben hat; einer Industrie, welche ihre Waaren nach allen Welttheilen hinausschickt ; einer Presse, welche tägliche Nachricht aus der alten und der neuen Heimat bringt; eines Kirchen- und Schulwesens, welches die geheiligten Schätze der vaterlandischen Religion und Kultur nachkommenden Genera- tionen fortpflanzt ; einer Musikkunst, deren Harmonien die trenen deutschen Herzen zweier Kontinente in Einklang ver- einigen. ·


Das deutsche Volk ist dazu berufen in Amerika ein zweites ideales Vaterland zu gründen. Die Grenzen der alten Heimat werden ihm seit Jahrhunderten zu eng. Zur Zeit der Volker- wanderung rückte es in die blühenden Provinzen der Romer ein: zur Zeit der Kreuzzuge bemachtigte es sich der Slaven- länder, der Ostseeprovinzen : seit dem 17. Jahrhundert sendet es seine theneren Söhne zu Tausenden nach Amerika aus.


Es haben sich aus diesen Bewegungen zwei mächtige Na- tionen gebildet. Aus den Wanderungen und Umwälzungen in Europa selbst erwuchs das grosse erneute deutsche Reich jener Heldentrilogie, Kaiser Wilhelms I., Bismarcks und von Moltkes.


Aus den nach der neuen Welt verpflanzten Ablegern der alten Stämme geht eine geistige Nation hervor, welche die Kulturelemente aller Volker in sich aufnimmt und dieselben durch die Zauberkraft der deutschen Wissenschaft und Kunst


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veredelt und verklärt. Darin haben Ernst Moritz Arndts prophetische Worte ihre Erfüllung :


Was ist des Deutschen Vaterland ? So nenne endlich mir das Land ! So weit die deutsche Zunge klingt Und Gott im Himmel Lieder singt. Das soll es sein ! Das, wack'rer Deutscher, nenne dein !“


1


Baltimores Deutsch-Amerikaner in


Handel und Industrie.


·


Baltimores Deutsch-Amerikaner in Handel und Industrie.


Einst hielt an des Patapscos Strande, ich eine kurze Wanderrast. Bei einem alten deutschen Manne, war ich ein froh willkomm'ner Gast. Ein silberweisser Bart umrahmte das tief durchfurchte Angesicht, Doch war noch nngebeugt der Nacken und hell und klar der Augen Licht. Ich sprach von Diesem und von Jenem und klapte, dass in diesem Land So manches edle deutsche Wirken, meist ungenügend anerkannt. Da zog der Greis mich leise lächelnd, vor seines Hauses offenem Thor Und deutete zu unseren Füssen aut's Hänserieer von Baltimore:


"Vor 50 Jahren war dies dort, ein kleines Städtchen, kaum genannt ; Und hente ist in weit'ster Ferne, der Name , Baltimore" bekannt ; Von Ost' und West", von Süd' und Nord', zieh'n viele Strassen kreuz und quer


Mit fleissigen Menschen stets belebt, durch dies gewalt'ge Hansermeer. Und jede Strasse zenget laut von deutscher Arbeit, deutschem Schweiss. Und jedes Haus und jeder Stein bezeugen laut den deutschen Fleiss. Wir machten hier zuerst das Glas, wir stamptten hier zuerst Papier. Die erste Bibel druckte hier in Deutsch, ein deutscher Pionier, Wir bauten Brücken hoch und hehr, und sehinten manchen Handelszweig Und sandten selbstgebaute Schiffe in manches ferngeleg'ne Reich. Manch' gold'nes Handwerk brachten wir vom alten Vaterlande mit Und deutsche Kunst und Wissenschaft begrüssen dich bei jedem Schritt. Wir pflanzten hier der Blumen Pracht, zuerst in Garten und in Feld, Die allerbesten Aecker hier hat deutscher Bauern Hand bestellt.




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