USA > Maryland > Annual report of the Society for the History of the Germans in Maryland, 1st-6th, Vol. 1-6 > Part 18
Note: The text from this book was generated using artificial intelligence so there may be some errors. The full pages can be found on Archive.org (link on the Part 1 page).
Part 1 | Part 2 | Part 3 | Part 4 | Part 5 | Part 6 | Part 7 | Part 8 | Part 9 | Part 10 | Part 11 | Part 12 | Part 13 | Part 14 | Part 15 | Part 16 | Part 17 | Part 18 | Part 19 | Part 20 | Part 21 | Part 22 | Part 23 | Part 24 | Part 25 | Part 26
Committee on Halls: Fritz Mayer, Dr. Geo. Reuling and Prof. Otto Fuchs.
Music Committee : Edw'd Raine, L. Schneider, R. D. Boss, Simon Felber and J. G. Wehage.
Committee on Speakers : Otto Fuchs, Charles F. Raddatz . and Dr. Geo. Reuling.
Finance Committee : Ew. F. Levh, G. Siegmund, A. Martini, Prof. C. F. Raddatz, Fritz Mayer, Dr. Win. Gombel, H. Steiner, Fr. Elenbrok, Col. R. D. Boss and R. M. Rother.
Press Committee : Isidor Loewenthal, Edward F. Leyh and Prof. Chas. F. Raddatz.
Committee on Transparencies : R. D. Boss, Edw. F. Leyh, Isidor Loewenthal and Prof. Chas. F. Raddatz.
Reception Committee : Prof. Chas. F. Raddatz, Prof. Otto Fuchs, Edward Raine, A. Knaup, Louis Schneider, R. D. Boss, Dr. G. Reuling, Alb't F. Sterger, F. Scheidt, F. Bauernschmidt, Jerome Vogeler, J. F. Requardt, Wm. P. B. Schmidt, H. J.
71
Hlilken, Fr. Mayer, John C. Hinrichs, H. C. Tieck, F. Lahusen, Louis Dohme, Hugo Steiner, Christian Ax, G. Siegmund, Geo. Blumner, Fritz Polnver, Louis P. Hennighausen, Hy. A. Bosse. R. Wattenscheidt, Emil Kuhle, Wm. Eckhardt, Louis Dietrich, Fr. Lentz, R. Pagenstecher, E. L. Felgner and A. Leidenroth.
Committee on Torchlight Procession : H. C. Tieck, Julius Rupp, Fritz Mayer, Fr. Elenbrok, Franz Jaschik, Jacob Klein. Hy. A. Bosse, Prof. Otto Fuchs, A. F. Knanp, Hugo Steiner. Fr. Scheidt, Henry Poske, Anton Ostendorf, Martin Raither, August Hengemihle, Wm. Eckhardt, Win. P. B. Schmidt, Herman Kuemmer.
NOTES OF THE DAY.
GOVERNOR JACKSON AND MAYOR DAVIDSON AMONG THE SPECTATORS .- THE "COMMERS."
The procession passed in review before Gov. Jackson and Mayor Davidson at the City Hall. The Governor and Mavor occupied seats on the portico, and were surrounded by Gen. J. McKenny White, Gen. Jno. Columbus O'Donnel, Gen. Joseph B. Seth, General Robert Ober, General Clinton P. Paine, Gen. J. B. Stafford, Col. W. II. Love, Col. Parry Lee Downs, Col. Thos. H. Evans and Sergt .- Major Gary Brown, of the Govern- or's staff, Police Commissioner E. M. Shryver, Marshal Frey. Rev. Dr. J. G. Morris, George W. Gail, Maurice Wiener, Prof. Otto Fuchs, Dr. L. HI. Steiner and E. L. Tunis. Mr. and Mrs. Percy M. Reese, Mr. and Mrs. Joseph W. Whiteford and Mrs. Thomas N. Patterson, by invitation of Mayor Davidson. saw the procession from the windows of the Mayor's reception rooni.
The committee in charge passed a resolution of thanks to Messrs. Harris, Britton & Dean for their kindness in tendering them the use of Harris' Academy, and also expressed their thanks to Mr. W. S. Cleveland, manager of Cleveland's Minstrels. for his kindness in allowing them the use of the stage.
When the head of the line reached Eutaw and German streets, Chief Marshal Tieck and his active and honorary aides drew np on both sides of Entaw street and reviewed the line. The first division of the procession was in review at the end of the route as the end of the line was crossing Jones' Falls.
The houses on the route of the parade were gaily decorated. and from many different colored fires were burned. The line marched slowly and regularly, and took about one hour and a-half to pass a given point. Every man in line as he passed
72
Washington Monument gave a hearty cheer, and additional fire and fireworks were set off.
The end of the procession did not end the festivities. The "Funken" held high carnival at the Concordia Annex. The hall was decorated with streamers and American and German flags. Two long rows of tables were spread for the "Funken" and their guests. Among the latter were many municipal officers and members of the Governor's staff. The "Funken" appeared in their students' caps and sashes and wore the rapier of the German student. Dr. Wm. Gombel as the senior and Fritz Mayer, vice-senior, were the presiding officers. while the poet laureate, Isidor Loewenthal, after declaiming a poem written for the occasion, was also escorted to a seat of honor.
The "United Singers of Baltimore," held forth at the Germania Maennerchor Hall, on West Lombard street. The hall was gaily decorated and illuminated with electric lights. Several hundred singers were in the hall, and their merry songs came forth through the windows into the foggy night for many hours.
The "Arion" Singing Society held its own commers at Mechanics Hall on Fayette street. There was also a commers at Harngari Hall on East Baltimore street, where the members of the order entertained their friends.
:
!
Die Ersten Deutschen Sekten
in Amerika.
Die ersten deutschen Sekten in Amerika.
VON L. P. HENNIGHAUSEN.
INE kurze geschichtliche Darstellung des religiösen Strebens und Lebens unserer früh - eingewanderten deutschen Stammesgenossen in Nord - Amerika bietet so viel An- regendes, dass ich es wage, sie zum Gegenstand einer Mittheilung zu machen. Ich werde dabei die grossen in Deutschland vom Staate anerkannten oder geduldeten Kirchen nicht in Betracht ziehen. Deren Geschichte und Glaubenssätze sind zu allgemein bekannt und bieten uns nicht die eigenthümliche Unabhängig- keit und Selbständigkeit der Sekten, welche sich gegen die her- kömmliche kirchliche Autorität mit Recht oder Unrecht auf- lehnten und mit Begeisterung versuchten, der Menschheit gros- seres Heil zu bringen. Ich beschränke mich deshalb hauptsäch- lich auf die von Deutschland nach Amerika vertriebenen und auf die hier unter Deutschen entstandenen Sekten.
Auch bin ich nicht im Stande, alle Sekten zu erwähnen. Es sind ihrer zu viele. Manche sind unbekannt geblieben, sie sind entstanden und wieder verschwunden, ohne eine Kunde zu hinterlassen ; von anderen haben wir nur dürftige Nachrichten oder Anhaltspunkte, und ich beanspruche nicht einmal die grund- lichste Kenntniss selbst der hier genannten Sekten ; nur was ich aus den mir zu Gebote stehenden beschränkten geschichtlichen Quellen schöpfen konnte, vermag ich wiederzugeben.
So mannigfaltig und verschieden die Glaubensätze und Kirchenordnungen dieser deutschen Sekten auch sein mögen, so geben sich doch überall die Grundzüge deutschen Geistes und Gemüthes kund. Tiefer Ernst und eine heilige Ueberzeugung, eine bereitwillige Opferfreudigkeit und Ausdauer im Glauben, hohe Sittlichkeit und milde Kirchenordnung, eine Neigung zum Träumerischen und Mystischen, verbunden mit praktischer Ge- werbsthätigkeit und vortrefflichem Ackerbau, genugsam, ord- nungs - und gesetzliebend, besonders aber friedfertig und duld-
76 - ik
sam gegen Andersgläubige, das sind die hervorragenden Eigen- schaften aller dieser deutschen Sekten.
Mögen wir ihre Geistesrichtungen aneh für irrthümlieh halten, so können wir ihnen doch nicht unsere Achtung und unser Wohlwollen versagen, und mit innerer Befriedigung müssen wir gestehen : es waren gute Menschen und sie haben viel Segens- reiches gewirkt. Ihr Einfluss auf den amerikanischen National- charakter war sittlich veredelnd. Sie waren ohne Ausnahme Gegner der Sklaverei, welche sie für sündhaft und Gottes Gebot zuwider erklärten, und es ist geschichtliche Thatsache, dass sie, wenn es ihnen die Mittel erlaubten, oft Sklaven von ihren eng- lischen Nachbarn kauften, um ihnen die Freiheit zu schenken. Die Art und Weise ihres Verkehrs mit den Indianern zeigt, dass sie auch das Herz dieser Wilden wahrer Menschenliebe zugang- lich hielten. Denn während in den Jahren von 1744 bis 1750 die puritanische Massachusetts-Colonie eine Belohnung von £100 für den Skalp eines männlichen Indianers über 12 Jahren und £50 für den Skalp eines Indiquer - Kindes oder einer Frau aus- setzte, errichteten die deutschen Herrenhuter in Pennsylvanien Schulen und Kirchen unter den Indianern und unterrichteten sie im Ackerbau und den Gewerben. Alle deutschen Sekten waren stets im friedlichen Verkehr mit den Indianern, und die blutigen Fehden, welche entstanden, wurden durch die Ueber- griffe ihrer englischen Nachbarn und deren politische Umtriebe hervorgerufen.
Die erste deutsche Sekte, welche, um Verfolgungen zu ent- gehen, Vorkehrungen traf, nach Amerika auszuwandern, waren
DIE LABADISTEN.
Im Jahre 1679 sandte die Labadisten-Gemeinde in dem fries- ländischen Städtchen Wieward, zwei Kundschafter nach Nord- Amerika, um eine sichere Zufluchtsstätte zu suchen. Diese Kundschafter, Jasper Dankers und Peter Schlüter, letzterer ein gelehrter und gabildeter Mann, fanden in der Colonie Maryland, welche Glaubensfreiheit garantirte, die geeignete Stelle und em- pfahlen den Ankauf einer grossen Landstrecke am Bohemiafluss in Cecil County. Sie wanderten darauf, mehr als 100 Personen stark, nach Maryland aus und erwarben am 11. August 1684 von Augustin Herrmann 3750 Acker Land am Bohemiafluss, wo sie sich häuslich und klösterlich niederliessen.
77
Die Labadisten waren Anhänger der Lehre Jean de Labadie, welcher in Februar 1610 in Frankreich geboren und in der Jest- itenschule zn Bordeaux erzogen wurde. In seinem 40sten Jahre trat er aus dem Jesuitenorden und bekannte sich zur protestanti- schen Lehre. Acht Jahre lang war er darauf der Prediger der protestantischen Gemeinde zu Montauban. Während dieser Zeit gründete er dort eine mystische Sekte und wurde in Folge, dessen vertrieben. Er wandte sich zuerst nach Genf in der Schweiz, von da in 1666 nach Nieder-Deutschland und Holland und spa- ter nach Altona in Holstein, wo er am 13. Februar 1674 starb.
Der Vorsteher der Ansiedlung oder vielmehr des Klosters in Cecil County wurde der erwähnte Peter Schluter, aus Wesel gebürtig. Er war fruher Kaufman gewesen, und trotz seines frommen Sinnes konnte er seinen kaufmännischen. Neigungen nicht widerstehen, Geld aus dem Unternehmen zu schlagen .- Schon im Jahre 1698 verkaufte er einen Theil des Landes mit grossem Gewinn und steckte das Geld ein. Später erwarben die Brüder Isaac und Matthias van Bibber noch verschiedene andere Stücke des Labadistenlandes. Die van Bibbers kamen 1684 von Crefeld nach Germantown und waren schon vermogende Leute in Deutschland. Peter Schlüter war ein strenger Hirte seiner Gemeinde, seine Fran machte er zur Aebtissin über die weiblichen Mitglieder und trennte die Geschlechter, selbst den verheirathe- ten Mann von seiner Gattin. Er sorgte dafür, dass die Glaubi- gen sich nicht zu wohl fühlten in diesem irdischen Jammerthale. Geistliche und Gelehrte mussten am Webestuhle sitzen, hinter dem Pfluge gehen und am Waschtroge stehen. Sie hatten volle Gütergemeinschaft. Jeder musste bei seinem Eintritt seine sämmt- liche Habe an die Gemeinde abtreten und, wenn er die Gemeinde wieder verliess, mit leeren Händen abziehen. - Ephraim, ein Sohn des Augustin Herrmann, schloss sich der Gemeinde an und wurde desshalb von seinem darob erzürnten reichen Vater gänzlich enterbt.
Der englische Quaker Samuel Bonas, welcher das Kloster im August 1702 besuchte, berichtet : Wir wurden bei ihnen nach ihrer Art freundlich aufgenommen. Das Abendessen wurde in · einem grossen Zimmer auf einem langen Tisch gedeckt. Nach- dem alles bereitet war, kamen auf einen Ruf etliche zwanzig Männer, jedoch keine Frau, herein. Wir setzten uns alle, und
78
ich und mein Begleiter bekamen Sitze am oberen Ende der Tafel. Nach einer kurzen Pause nahm einer seinen Hut ab, die anderen folgten seinem Beispiele etwas später. Unbedeckten Hauptes sassen sie nun schweigend und regungslos eine halbe Viertel- stunde da, sodann that einer nach dem andern in kurzen Zwis- chenräumen seinen Hut wieder auf. Sobald dies geschehen war, fiel jeder über das Essen her und ass darauf loss, unbekümmert um seine Nachbarn, welche noch unbedeckten Hauptes dasassen. Ich erfuhr später, dass sie es für Unrecht hielten zu beten, ehe sie den innern Drang danach fühlten, dass inneres Gebet kräfti- ger sei, als Worte, und dass mir Jemand beten solle, wenn ihn der Geist dazu veranlasse. Sie erklärten die heilige Schrift un- ter sich. Das Labadistenkloster war zu seiner Zeit, 1702, eine blühende Ansiedelung mit grossem Anbau von Mais, Tabak, Flachs, Hanf und einem guten Viehstand. Sie verfertigten hauptsächlich Leinwand. In 1724 war diese Klostergemeinde nach allen Ilinrichtungen hin zerstreut. Harte Arbeit, magere Kost, strenge Zucht und Trennung der Geschlechter hatten ihre Wirkung gethan : sie zogen Alle mit leeren Handen aus, die Führer der frommen Gemeinde, Peter Schlüter, Jasper Dankers und Johannes Moll, hatten jedoch ihr Schäfchen geschoren, be- sonders Peter Schlüter war ein reicher Mann geworden. Die Gemeinde hatte nahezu vierzig Jahre bestanden. Die Labadisten aber sind für immer ansgestorben.
Die nächste Sekte, welche nach den Labadisten Anstalt traf, nach Amerika auszuwandern, waren
DIE QUEKER
von Crefeld und Kriesheim, welche Germantown gründeten .- William Penu hatte dieselben in 1672 und 1677 besucht und ihnen gepredigt. Sie wurden im alten Vaterlande hart bedrückt und verfolgt. Gefängniss, Auspeitschen, schwere Geldstrafen und Vermögensverlust waren ihr Loos. In manchen Staaten von Nord - Deutschland wurde von der Obrigkeit eine Beloh- ning von fünf Gulden für die Anzeige des Aufenthaltes eines Quakers bewilligt. Die Crefelder kanften im Juni 1683 von William Penn 18,000 Acker und die Frankfurter 25,000 Acker Land. Am 6. Oktober 1683 landeten in Philadelphia dreizehn Crefelder Familien. Zwei Tage später wählten sie die Stelle ihrer Niederlassung ; am 24. war die Vermessung der Heimstätten
79
beendigt, welche am 25. durch das Loos vertheilt wurden und sofort begannen sie den Bau von Germantown. Zahlreiche Nach- zügler, besonders die Kriesheimer, kamen und in wenigen Jahren war Germantown eine blühende Stadt.
In einem englischen Buch, welches 1692 in Philadelphia gedruckt wurde, singt schon Georg Frames:
"The Germantown of which I spoke before, Which is at least in length one mile or more Where live High German People and low Dutch Whose trade in weaving linen cloth is much ; There grows the flax."
Die deutschen Quaker waren durch englische Missionäre zu der neuen Lehre bekehrt worden und fanden in ihrer neuen Heimath gute Freunde. William Penn, der Eigenthümer der Provinz, besuchte sie, predigte ihnen in deutscher Sprache und verblieb ihr treuer Freund. Im Jahre 1686 banten sie ihr erstes Versammlungshans in Germantown und Franz Daniel Pastorius war ihr Leiter und Prediger. Pastorius, welcher auch der erste Bürgermeister und Abgeordnete der Stadt wurde, war ein Mann von vortrefflichem Charakter und vielen Kennt- nissen. Er war in Deutschland zum Dr. der Jurisprudenz herangebildet worden und der englischen, französischen, spa- nischen und lateinischen Sprache vollkommen mächtig. Diese deutschen Quaker waren keineswegs arme unwissende Leute. wie sie früher oft geschildert wurden. Unter ihnen waren Heinrich Hermann Rüster, welcher in deutscher und englischer Sprache predigte, ferner Philipp Theodor Lehmann, Geheim- schreiber Wm. Penn's, die Van Bibber, die Hendriks, Cassel, die Gebrüder Op den Graff und andere Männer von Bildung und ziemlichen Geldmitteln. Die herrlichste und berühmteste Handlung dieser deutschen Männer war ihr feierlicher Protest gegen die Sklaverei, welchen sie am 18. April 1688 in englischer Sprache veröffentlichten. Die englischen Quaker waren Skla- venhalter und die Deutschen machten ihnen die ernstlichsten Vorstellungen über das Sündhafte der Sklaverei. - Unter den deutschen Amerikas machten die Quaker keine weiteren Fort- schritte; nur eine geringe Zahl bekannte sich zu ihrer Lehre und diese sind ausgestorben. Später wurden die englischen Quaker der deutschen Einwandernng nach Pennsylvanien gera- dezu feindlich.
80
In Germantown erschien bald nach der Gründung der Stadt eine deutsche Sekte, welche den sonderbaren Namen
DAS WEIB IN DER WUESTE
(nach Offb. Joh. 12, 6) bekam.
Am 23. Juni 1694 landete dort eine wunderliche Schaar von ungefähr 60 Männer und Frauen, welche schon 1693 Deutschland verlassen und seit dem 13. Februar 1694 mit dem Schiff ,,Sarah Maria Hopewell" von London unterwegs waren. Ihr Führer war der gelehrte Doktor der Theologie, Johann Kelpins. Un- ter ihnen war eine Anzahl Candidaten der Theologie. Sie ka- men aus dem Würtembergischen, aus Halberstadt und Magde- burg, und nannten sich ,, die Erweckten." Sie hatten sich entschlossen, in der Waldeinsamkeit von Pennsylvanien auf die Wiederkunft Christi zu warten und sich auf diese grosse Stunde vorzubereiten. Sie erklärten die natürlichen Neigungen der Menschen für unrein und niedrig und wollten deshalb nicht freien noch gefreit werden, oder wie Kelpius sich poetisch aus- drückt: -
„ Ich liebe Jesum nur allein Den Bräutigam meiner Seelen, Kein Anderer soll mein Herzelein Durch Liebe mir abstellen, Niemand kann zwei Mit gleicher Treu'
Zu einer Zeit umfassen, D'rum will ich andere lassen."
Eine Stunde von Germantown, in der schönen einsamen Wildniss am Wissahikon, legten sie ihr Kloster an. Hier schwelgten sie in ihrer mystischen Schwärmerei, abgeschieden von der sündigen Welt. Ihr wunderliches Treiben gab Anlass unter dem umwohnenden Volk zu abergläubischen Sagen und Spukgeschichten, welche nach Mittheilung meines Freundes N. M. Rittenhans noch in seiner Jugend in Germantown im Umlauf waren. Johann Kelpins starb 1708 im Alter von 40 Jahren. Er hat sehr viel in lateinischer Sprache über Theo- logie geschrieben, daneben auch Gedichte verfasst. Er glaubte durch Kasteien und gottgefälliges Leben es dahin zu bringen, dass er nicht sterben, sondern, wie der Prophet Elias, körper- lich verklärt in den Himmel hinauffliegen würde. Als sich · die unverkennbaren Zeichen seiner herannahenden leiblichen
81
Auflösung kund gaben, wankte er nicht in seinem Glauben, sondern nahm an, dass er nicht geistig und gottgefällig genug gelebt habe. Mit seinem Tode löste sich die Klostergemeinde auf und verfiel wieder in das sundige Alltagsleben.
Die zunächst in Amerika erscheinende und noch bis auf den heutigen Tag bestehende deutsche Sekte waren
DIE MENNONITEN,
genannt nach Menno Simon. - Menno Simon wurde 1496 in Dittmarsum, Westfriesland, geboren. Er wurde katholischer Priester in seiner Vaterstadt. Im Jahre 1535 wurden dort eine Anzahl Wiedertäufer, worunter sein Bruder war, gefangen und getödtet. Dieses machte einen solchen Eindruck auf ihn, dass er die Kirche verliess und eine nene Lehre verkündete. Er war ein geistvoller, feuriger, liebreicher Mensch. Mit den Wieder- tänfern stimmt er in der Lehre der Taufe der Erwachsenen, sowie in der Auffassung der Gottheit Christi überein, ragte jedoch an Sittlichkeit, Herzensmilde und Reinheit weit über diese aufrüh- rerische politisch - religiose Sekte. Er verbot das Tragen von Waffen und überhaupt jede Gegenwehr, sowie jede Verfolgung Andersgläubiger, das Schwören der Eide und damit Klagen bei einem weltlichen Gericht, die Theilnahme an der weltlichen Regierung und allen Luxus in Kleidern order anderen irdischen Dingen.
Verfolgungen vertrieben ihn bald ans seiner Vaterstadt .- Im Jahre 1543 wandte er sich nach Köln und gründete dort eine blühende Gemeinde. Auch dort war seines Bleibens nicht lange, er wurde vertrieben und wanderte nun Jahre lang unstet, immer Duldung, Milde, Sittlichkeit und Friede lehrend, in Nord- Deutschland und an den Ostseeländern umher, bis ihn endlich der Tod im Jahre 1561 bei Lübeck seinen herzlosen Verfolgern entzog. Er war für vogelfrei erklärt worden und seinem Todt- schläger wurde nicht allein Straflosigkeit für alle seine Verbre- chen, sondern noch eine Belohnung von einem Carlsgulden ver- sprochen. Es war, als wenn die Pforten der Hölle sich gegen diesen harmlosen, friedsamen Mennoniten geöffnet hätten, um zu zeigen, welche grausame, teuflische Bosheiten die Menschen auszuüben fähig sind. Ueber 6000 dieser Armen erlitten allein in den Niederlanden unter Philip von Spanien den Märtyrertod, mehr als 3000 wurden in Suddeutschland und der
82
Schweiz durch Feuer und Schwert vertilgt. Die Königin Elisa- beth in England liess 1575 zwei der Mennoniten-Prediger, Johann Wielmaker und Hendrick Ten Woort, öffentlich auf dem Schei- terhaufen verbrennen. Nach 1579 wurden sie endlich in Hol- land und später auch in einzelnen norddeutschen Staaten gedul- det, aber ihre Leiden hörten dennoch nicht auf. Schon 1662 hatten sich 25 Mennoniten am untern Delaware angesiedelt, wel- che von den Engländern vertrieben wurden, allein ihr Schicksal ist uns nicht bekannt. Nach Germantown kamen sie kurz nach dessen Gründung und bauten sich dort im Jahre 1708 ihr erstes Versammlungshaus in Amerika. Sie zählten zur Zeit 52 Mit- glieder und Wilh. Rittenhausen, welcher bereits 1674 in New- York gelandet war und der Ahne unseres Baltimore Mitbürgers N. M. Rittenhaus ist, wurde ihr erster Bischof. Eine Tradition in der Familie Rittenhaus giebt uns eine treffliche Schilderung des Leidens und Glaubens dieser Sekte. Eine Mennoniten - Ge- meinde, welche im Winter aus dem alten Vaterlande entfloh, um unsere gastfreundschaftliche Küste zu erreichen, wurde von einer Truppe Soldaten verfolgt, welche reiche Beute zu fangen hoffte. Die Fliehenden nahmen ihren Weg über einen zuge- frorenen grossen Teich. Unter dem Mahnrufe ihrer Führer ver- theilte sich die fliehende Gemeinde, damit das Eis sie tragen konnte; die Soldaten vergassen dagegen in ihrem Verfolgungs- eifer diese Vorsicht und brachen durch's Eis. Als die Menno- niten ihre Feinde in Todesgefahr sahen, wandten sich etliche zurück und retteten dieselben vom Ertrinkungstode, geriethen aber dadurch in die Gefangenschaft der Soldaten, welch sie zu- rück in das Gefängniss schleppten.
Die Auswanderung der Mennoniten nach Pennsylvanien war besonders stark in dem Jahre 1709, der grösste Haufen kam im Jahre 1717 und die letzten in grösserer Zahl in 1727. Sie liessen sich besonders in Lancaster County, Pa., nieder und verbreiteten sich von da nach dem Westen und Südwesten. Nach 1730 er- hielten die Mennoniten in Amerika wenig Zufluss von Europa, und im Jahre 1873 wurde ihre Anzahl in den Ver. Staaten auf nur 60,000 Glieder geschätzt. In den darauf folgenden Jahren von 1874 bis 1878 wurde ihre Anzahl auf eine merkwürdige Weise um nahezu 100,000 Seelen vermehrt. Die in ihrer alten Heimath zurückgebliebenen Glaubensgenossen, welche hauptsächlich in
83
Westpreussen wohnten, wanderten im letzten Jahrhundert, be- sonders in den Jahren 1768-1770, um der Militairpflicht zu ent- gehen, anstatt nach Westen nach dem Osten und liessen sich in Russland, in den Steppen an dem fernen Azowischen Meere nie- der. Die Kaiserin von Russland hatte ihnen völlige Glaubens- freiheit, sowie Freiheit vom Militairdienst und Abgaben feierlich zugesichert. Durch ihren Fleiss und sittlichen Lebenswandel gelangten sie bald zn grossem Wohlstand. Da nahm ihnen der Kaiser von Russlad im Jahre 1871 diese Freiheit vom Militair- dienst, mit der Erlaubniss, vor dem Jahre 1878 anszuwandern. Die Mennoniten zögerten nicht, bereitwillig ihren Wohlstand zu opfern, um nicht gegen ihr Gewissen zu handeln, welches ihnen verbietet, Mordwaffen zu tragen. Sie verkauften ihre schönen Farmen und Wohnstatten in Russland mit schwerem Ver- lust und wanderten nach der freien Republik des Westens .- Dem Kaiser that es mun leid, seine nützlichsten Unterthanen anf diese Weise zu verlieren ; er milderte seinen Ukas, aber es war zu spät. In Kansas, Nebraska, Minnesota, Dakota und Canada haben sie sich niedergelassen und ihre Erfolge im Acker- ban haben das Stannen und die Verwunderung der Amerikaner hervorgerufen. Die deutsche Sprache haben sie tren und rein bewahrt, ein Jeder hat eine einfache deutsche Schulbildung ge- nosssen, und an Ordnungssinn, Fleiss, Reinlichkeitund Be- scheidenheit zeichnen sie sich vor allen andern Ansiedlern aus.
Die älteren amerikanischen Mennoniten theilen sich wieder in fünf Hauptsekten, nämlich: 1) die Alten, 2) die Reformirten, 3) die Neuen, 4) die Evangelischen und 5) die Amisch. Die Letzteren sind am strengsten abgesondert; sie üben die gegen- seitigen Fusswaschungen und dulden keine Knöpfe an ihren Kleidern. Sie werden deshalb auch „,die Häftler“ genannt im Gegensatz zu den Andern, welche von ilmen „,die Knopfler.“ genannt werden. Das Kirchenregiment der Mennoniton wird durch Bischöfe, Prediger und Aelteste geführt.
Nach den Mennoniten erschienen in Amerika
DIE TUNKER.
Diesen Namen erhielten sie von dem gänzlichen Unter- tunken des Körpers bei der Taufe. Sie werden aneh ,,die Harmlosen" genannt. Sie selbst nennen sieh „,die Brüder," und auf Englisch "the German Baptist Brethuren." Ihr Grün-
84
der war Alexander Mark, welcher im Jahre 1708 in Schwar. zenau in der Pfalz mit sieben Anhängern das gänzliche Unter- tauchen des Körpers als die allein richtige christliche Taufe vornahm. Die zweite Tunkergemeinde entstand bald nachher in Marienborn. Beide Gemeinden wurden bald aus ihrer Hei- math vertrieben. Sie wandten sich nach Crefeld und Friesland. Die Friesländer kamen mit 20 Familien unter ihren Prediger Peter Becker zuerst im Jahre 1719 nach Pennsylvanien.
Im Jahre 1729 folgten die Crefelder unter der Führung ihres Gründers Alexander Mark mit dem Rest der Gläubigen, etwa 30 Familien. Sie stifteten kleine Niederlassungen, nahe Ger- mantown und in Lancaster County. Einige Jahre später ver- mehrten sie sich rasch durch ihre Reiseprediger, welche in Truppen von Sieben zu Pferd und Sieben zu Fuss durchs Land zogen, Busse predigten, Viele tauften und eine grosse Wieder- erweckung (Revival) hervorriefen. Wie die Quaker und Men- noniten verweigerten sie das Tragen von Waffen und die Leis- tung des Eides, verboten Lebensversicherung, führten keine Prozesse untereinander und gegen Nichtbrüder nur nach ein- geholter Erlaubniss der Kirchenältesten. Sie begrüssten sich mit dem Bruderkuss und dem vertraulichen „, Du" anstatt dem förmlichen ,,Sie." Ihre Kranken versuchten sie durch Salbung mit Oel nud mit Gebet zu heilen. Nur ausnahmsweise bethei- ligten sie sich an politischen Wahlen. Ihre Kirchenordnung
Need help finding more records? Try our genealogical records directory which has more than 1 million sources to help you more easily locate the available records.